das Emsdettener Venn


Westlich von Emsdetten lädt eines der letzten Westfälischen Hochmoore zu spannenden Naturbeobachtungen ein. Nur ein Bruchteil der ursprünglichen Moore ist heute noch vorhanden, und auch im Emsdettener Venn sind deutliche Spuren früherer Nutzungen wie Torfstiche und Entwässerungsgräben zu erkennen. In diesem seit 1941 unter Naturschutz stehenden Gebiet ist dennoch eine einzigartige Landschaft mit vielen Seenen, moortypischen Tieren und Pflanzen erhalten geblieben. Im Zentrum liegt das Moor mit wassergefüllten Torfstichen und kleinen Birken-Moorwäldern. Ringförmig umgeben wird dieses Kerngebiet von feuchten Wiesen und Weiden, die mit kleinen Gewässern, Kopfbäumen und Schilfstreifen ebenfalls einen Lebensraum für viele seltene Pflanzen und Tierarten darstellen.

Pflanzen und Tiere
Am Anfang der Entwicklung der Hochmoore stehen die Torfmoose, die wie ein Schwamm große Mengen von Wasser speichern können. Das tote Materiai dieser besonderen Moose bildet die Torfschicht, durch die das Moor allmählich empor wächst. Weil schließlich nur noch durch Regenwasser und Wind das Hochmoor mit Nährstoffen versorgen können, entsteht ein ausgesprochen nährstoffarmer Lebensraum.
Auf besonders raffinierte Weise hat sich der hübsche Sonnentau an die kargen Bedingungen im Moor angepasst: er bessert seine Speisekarte mit kleinen Insekten auf, die sich in den klebrigen Tröpfchen auf seinen Blättern verfangen. Weitere typische Moorpflanzen im Emsdettener Venn sind das Schmalbiättrige und das Scheiden~Wollgras, die besonders im Frühsommer mit ihren weißen, langhaarigen Fruchtständen auf sich aufmerksam machen, Auch verschiedene Heidekrautgewächse sind hier beheimatet. Eher unscheinbar wachsen die seltene Rosmarinheide und die Moosbeere auf den Torfmoospolstem, häufiger ist auf den feuchten Flächen die Glockenheide anzutreffen, Weit verbreitet auf den moorigen Böden ist das Pfeifengras. Seine dünnen, knoten losen Halme wurden früher zum Reinigen der langen Tabakpfeifen verwendet. An den trockeneren Stellen findet man Heidelbeere, Rausch- und Preiselbeere und die Besenheide. Eine besondere botanische Kostbarkeit ist das gelbblühende Sumpf Johanniskraut. Besonders im Frühjahr lassen sich so seltene Vogelarten beobachten wie die Bekassine, die leuchtend gelbe Schafstelze und der unscheinbar gefärbte Wiesenpieper. Im umliegenden feuchten Grünland brüten jetzt Uferschnepfe, Großer Brachvogel und Kiebitz, die mit ihren Balzflügen und Rufen auf sich aufmerksam machen, Bis in den Frühsommer hinein sind sie bei der Nahrungs suche an den kleinen, fiachen Gewässern zu entdecken. Im Emsdettener Venn brütet die Krickente mit mehreren Paaren. Auch Zwergtaucher, Knäck- und Löffelente sind Brutvögel im Moor. Im Sommer kann man den Baumfalken beobachten, wenn er Im wendigen Flug Libellen erbeutet. Das Schwarzkehlchen ist am besten auf seinen Ansitzwarten, einzeln stehenden Büschen, kleinen Bäumen oder auch Zaunpfählen zu entdecken.

Über den Moorgewässern schwirren im Hochsommer verschiedene LIbellenarten wie zum Beispiel die rote Heidelibelle. Mit ein wenig Glück bekommt man auch seltene Arten wie die Torf Mosaikjungfer oder die Große Moosjungfer zu Gesicht.
Die einzigartige Moorlandschaft bietet zu verschiedenen Jahres und Tageszeiten immer neue Eindrücke und Stimmungen. Sehr reizvoll ist ein Besuch im Mai, wenn die Fruchtstände der Wollgräser wie ein Schleier von weißen Wattebäuschen das Moor überziehen. Ab August blühen Besen- und Glockenheide in zarten Rosatönen. In der goldenen Oktobersonne schließlich strahlt die Landschaft wiederum einen ganz eigenen Reiz aus. Die Gräser, das Laub der Sträucher und Birken färben sich jetzt gelb bis rötlich und bilden einen romantischen Kontrast zu den dunklen Moorgewässern und den weißen Birkenstämmen.
Selbst an düsteren Tagen lohnt sich ein Besuch im Venn' wenn im Spätherbst die Nebelschwaden tief über dem Moor hängen und in den vielen Spinnweben die Tautropfen geheimnisvoll glitzern, lässt sich die Herkunft der Spukgeschichten und sagenumwobenen Gestalten erahnen, die mit dem Emsdettener Venn verknüpft sind. Das Vennmütterchen spinnt Netze zwischen den Moorpflanzen, um Kinder zu fangen: .Dat Viennmörken halt di"  damit wurde Emsdettener Kindern gedroht, die abends nicht ins Bett wollten.
Auch im Winter lassen sich interessante Beobachtungen machen. Krickenten überwintern regelmäßig in größerer Zahl Im Venn. Wenn die Moorgewässer nicht zugefroren sind, bestehen gute Chancen, die kleinen Enten mit dem hübschen bunten Kopf anzutreffen. Des öfteren gleiten jetzt In geringer Höhe jagende Kornweihen über das Moor. Etwas mehr Glück Ist nötig, um Kraniche zu entdecken, die hier gelegentiich eine Rast auf ihren weiten Flügen einlegen.
 

Im Gebiet ist ein Lehr- und Erlebnispfad mit zwei verschiedenen, ganzjährig begehbaren Wanderrouten eingerichtet. Beide führen zum Aussichtsturm am nordöstlichen Ende des Moores, von dem man einen schönen Blick über das Moor genießen kann (Vogelfreunde sollten das Fernglas nicht vergessen!). 
Neben Schautafeln gibt es eine Begleltbroschüre und regelmäßig Führungen durch das Venn.
(Verkehrsverein Emsdetten Telefon: 02572/93070, wemsdetten@deltacity.net). 

Wiesen am Max-Clemens-Kanal
Unmittelbar südlich des Emsdettener Venns liegt das Naturschutzgebiet "Wiesen am Max-Clemens-Kanal". Vor allem im März/April zur Balz von Wiesenvögeln wie Uferschnepfe, Großem Brachvogel und Kiebitz lohnt sich ein Besuch. Der Max-Clemens-Kanal ist heute nur noch ein mehr oder weniger breiter Graben. Zwischen 1731 und 1840 war er jedoch eine leistungsfähige Wasserstraße für den Warentransport, wenn auch das elgentiiche Ziel, Münster mit der Nordsee zu verbinden, nie erreicht wurde.

Wannenmachermuseum in Emsdetten
Emsdetten ist einer der wenigen Orte in Nordwestdeutschland, in denen über Jahrhunderte das Wannenmacherhandwerk ausgeübt wurde. Die Emsdettener Wannenmacher steliten flache, aus Weiden geflochtene Körbe her, mit denen das gedroschene Getreide gereinigt wurde. Öffnungszeiten des Wannenmuseums und nähere Informationen unter Telefon 02572/941316.

 Annette von Droste-Hülshoff
(1797-1848)

Der Knabe im Moor

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O, schaurig ist's, übers Moor zu gehen,
wenn es wimmelt vom Heiderauche,
sich wie Phantome die Dünste drehn
und die Ranke häkelt am Strauche.
Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,
wenn aus der Spalte es zischt und singt -
o, schaurig ist's, übers Moor zu gehen,
wenn das Röhricht knistert im Hauche!
Fest hält die Fibel das zitternde Kind
und rennt, als ob man es jage.
Hohl über die Fläche sauset der Wind -
was raschelt da drüben am Hage?
Das ist der gespenstische Gräberknecht,
der dem Meister die besten Torfe verzecht,
Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind!
Hin ducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor,
unheimlich nicket die Föhre.
Der Knabe rennt, gespannt das Ohr,
durch Riesenhalme wie Speere.
Und wie es rieselt und knittert darin:
das ist die unselige Spinnerin,
das ist die gebannte Spinn-Lenor,
die den Haspel dreht im Geröhre.
Voran, voran, nur immer im Lauf,
voran, als wollt es ihn holen!
Vor seinem Fuße brodelt es auf,
es pfeift ihm unter den Sohlen
wie eine gespenstische Melodei.
Das ist der Geigenmann ungetreu,
das ist der diebische Fiedler Knauf,
der den Hochzeitsheller gestohlen!
Da birst das Moor, ein Seufzer geht
hervor aus der klaffenden Höhle.
Weh, weh, da ruft die verdammte Margret:
"Ho, ho, meine arme Seele!"
Der Knabe springt wie ein wundes Reh,
wär nicht Schutzengel in seiner Näh,
seine bleichenden Knöchelchen fände spät
ein Gräber im Moorgeschwele.
Da mählich gründet der Boden sich,
und drüben neben der Weide
die Lampe flimmert so heimatlich.
Der Knabe steht an der Scheide.
Tief atmet er auf. Zum Moor zurück
noch immer wirft er den scheuen Blick:
Ja, im Geröhre war's fürchterlich,
o schaurig war's in der Heide